Musikalische Monumente des Barock – „hör-mal im Denkmal“ Bach und Telemann

Seligenstädter Klosterkonzerte, Sonntag, 8. September 2024

von Dr. phil. Ingo Negwer


Am Tag des offenen Denkmals war das Ensemble BachWerkVokal aus Salzburg zu Gast in Seligenstadt am Main. Unter dem Motto „Gemischtes Doppel“ standen Motetten, Kantaten und Kammermusik von Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann auf dem Programm.

BachWerkVokal, 2015 von Gordon Safari gegründet, ist ein junges, aus Sängern und Instrumentalisten bestehendes Ensemble, das sich der historischen Aufführungspraxis verschrieben hat. Im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit stehen die Vokalwerke von Johann Sebastian Bach. In der Seligenstädter Einhardbasilika erklang zum Auftakt dessen Kantate „Nach dir, Herr, verlanget mich“ BWV 150. Das Jugendwerk besticht durch eine raffinierte, am Vorbild Dietrich Buxtehudes geschulte Kunstfertigkeit und lässt bereits den gelehrten Stil des späteren Thomaskantors erahnen.

Nicht weniger versiert, aber von einer effektvollen Leichtigkeit durchströmt, folgte Telemanns Mottete „Das ist meine Freude“. Hier wie auch in Bachs doppelchöriger Mottete „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ BWV 159 Anh. ließen die Salzburger Sängerinnen und Sänger mit einem vorzüglich ausgewogenen Ensembleklang aufhorchen. Mit Telemanns hörenswerter Kantate „Singet dem Herrn ein neues Lied“ TWV 7:30 – basierend auf dem Psalm 96 – endete der erste Teil des Programms.


BachWerkVokal in der Einhardbasilika. Leiung: Gordon Safari (Foto: Ingo Negwer)

Weiter ging es nach der Pause mit Instrumentalmusik: Martin Osiak interpretierte, begleitet von einem üppigen Basso continuo – Hannah Pichler (Violoncello), Theresa Schilling (Violone), Gregor Unterkofler (Cembalo) und Gordon Safari (Orgel) – Johann Sebastian Bachs Violinsonate G-Dur BWV 1021. Die anschließende doppelchörige Mottete „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ wirft hinsichtlich der Autorschaft einige ungelöste Fragen auf. Der Eingangs- und Schlusschor basieren auf Vorlagen Telemanns, wobei mindestens der erste Satz von Bach bearbeitet wurde. Der Mittelsatz, eine vierstimmige Choralbearbeitung über „Sei Lob und Preis mit Ehren“, ist eine Adaption aus der Bachschen Kantate BWV 28. Wer dieses Pasticcio erstellt hat, blieb bislang im Dunkeln. Möglicherweise war es Bachs Nachfolger im Amt des Thomaskantors, Gottlob Harrer (1703-1755). Das Gemeinschaftswerk der befreundeten Musiker Bach und Telemann (letzter war Taufpate von Carl Philipp Emmanuel Bach) ist vor allem wundervolle Musik, hier bravourös dargeboten von BachWerkVokal.


Konzertpause im Kreuzgang (Foto: Ingo Negwer)

Mit der Triosonate G-Dur TWV 42:G3 kam Telemann auch als vorzüglicher Komponist von Kammermusik zur Geltung, wobei man sich bei den beiden Solisten Martin Osiak und Ulrike Fischer (Violinen) etwas mehr dynamische Ausgewogenheit gewünscht hätte. Ohnehin waren die Instrumentalisten – alle Stimmen waren nur solistisch besetzt – der einzige kleine Wermutstropfen. Intonation und Artikulation waren in der nicht ganz einfachen Akustik der großen Basilika einige Male etwas heikel.

Die Sängerinnen und Sänger konnten nochmals mit Bachs virtuoser Motette „Lobet den Herren alle Heiden“ BWV 230 brillieren. Im Anschluss an Telemanns „Es segne uns Gott“ ging das Konzert mit der Trauungskantate „Der Herr denket an uns“ BWV 196 zu Ende. Mit diesem weiteren Jugendwerk Johann Sebastian Bachs schloss sich der Kreis. BachWerkVokal wurde, nachdem das „Amen“ des Schlusschors verklungen war, mit großem Applaus für seinen Beitrag zum Tag des offenen Denkmals gefeiert.


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