Weihnachtliche Barockmusik aus Italien

von Dr. phil. Ingo Negwer


Kürzlich brachte ich aus Herne, wo vom 10. bis 13. November die 46. Tage alter Musik stattfanden, eine brandneue Doppel-CD mit, die ich hier gerne vorstellen möchte. Die Blockflötistin Dorothee Oberlinger hat mit ihrem Ensemble 1700 eine absolut hörenswerte Aufnahme mit weihnachtlicher Barockmusik aus Italien produziert.

Seit Jahrhunderten gab (und gibt es wieder) in Italien den Brauch, das Hirten zu Weihnachten aus den Bergen in die Städte ziehen, um vor den Madonnenaltären zu musizieren, um so – ihren biblischen Vorgängern folgend – dem neugeborenen Heiland zu huldigen. Diese Hirtenmusik, vielfältig abgewandelt, bildet den roten Faden, mit dem das Ensemble Li Piffari e le Muse den Zuhörer gleichsam durch das Programm wundervoller Musik führt. So hört man Arcangelo Corellis Concerto g-Moll „Fatto per la Notte di Natale” in einer Fassung mit zwei konzertierenden Blockflöten, bis in der berühmten Pastorale die Piffari mit einstimmen und dem Schlusssatz einen volkstümlichen Ton geben. In Alessandro Scarlattis Kantate „Oh di Betlemma altera Povertà“ kann man sich einmal mehr an dem wunderbaren Sopran von Dorothee Mields ergötzen, die sich auch das italienische Barockrepertoire stilsicher zu Eigen gemacht hat. Mit überzeugender Schlichtheit singt sie anschließend das bekannte neapolitanische Weihnachtslied „Tu scendi dalle stelle“ und an späterer Stelle „L’unico Figlio“ von Francisco Soto de Langa.

Eine Rarität ist Giovanni Antonio Guidos „L’Hyver“ (Der Winter), dessen sieben kurze Sätze das Vorbild aus den „Vier Jahreszeiten“ nicht verleugnen können. Vivaldi selbst ist mit dem virtuosen Blockflötenkonzert C-Dur RV 443 vertreten, außerdem Alessandro Marcello mit einer Fassung für Blockflöte seines Oboenkonzerts d-Moll. Matthias Brandt liest als verbindende literarische Intermezzi Auszüge aus Fanny Lewalds „Italienischem Bilderbuch“ (1847) und aus den Kindheitserinnerungen des Sizilianers Turi Vasile. Eine Passacaglia von Johann Christoph Pez bildet den Schlusspunkt.

Fazit: Dorothee Oberlinger ist zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen eine absolut empfehlenswerte Aufnahme gelungen, die keine Wünsche offen lässt. Ein kalter Winterabend draußen, drinnen, im Wohnzimmer, ein Glas Rotwein am offenen Kamin, „Pastorale“ im CD-Spieler – was will man mehr?

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Pastorale (Deutsche Harmonia Mundi)
Dorothee Mields – Sopran
Matthias Brandt – Sprecher
Ensemble 1700
Li Piffari e le Muse
Dorothee Oberlinger – Leitung und Blockflöte


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